Weltkulturerbe Stonetown (Sigrid Sadjak)

Orte, die zum Weltkulturerbe ernannt werden, haben eine reiche Geschichte, die sich meist in daraus erhaltenen Bauwerken zeigt und erzählen lässt. Viele Häuser und Paläste in Stonetown sind dem Zusammenbruch nahe, erst der aufstrebende Tourismus seit den 1990er Jahren und die Ernennung zum Weltkulturerbe im Jahr 2000 haben eine Trendwende eingeleitet. Manch aufwändig renovierter Palast dient nun als feines Hotel voller Antiquitäten und erstrahlt in neuer Pracht.

Der Name Stonetown spricht für sich. Steingebäude waren es, die die Stadt von den Lehmhütten des ländlichen Umlandes unterschieden haben.
Der verwendete schwache Korallenriffkalk bröckelt im feucht-salzigen Ozeanklima leider still dahin und fordert die Denkmalschützer heraus. Der Palast der Wunder mit seinen schlanken, zierlichen Säulen ist während der Renovierungsarbeiten zum Teil eingestürzt und man fragt sich, wo in der Vergangenheit all die Fördermittel versickert sind, warum nichts weitergeht!?! Das Unglück bringt zum Glück neuen Schwung ins Geschehen.

Auf Sansibar haben Gewürz-, Elfenbein- und Sklavenhandel die aus dem Oman stammenden Herrschaften reich, mächtig und einflussreich gemacht. Zwar hatten die Araber bereits vor der Ankunft der Portugiesen (um 1500) florierende Handelsposten auf Sansibar und entlang der Ostafrikanischen Küste, doch als sie von der Bevölkerung als Schutzmacht gegen die zu mächtig gewordenen Portugiesen zu Hilfe gerufen wurden, blieben sie vor Ort und übernahmen deren Position. Die Geister, die ich rief, die werd‘ ich nicht mehr los… Nun, danach kamen die Briten.

Durch den regen Gewürz-, Elfenbein- und Sklavenhandel trafen in Stonetown arabische, indische, europäische und afrikanische Einflüsse aufeinander, was den Ort einzigartig macht. Obwohl die Bevölkerung heute zu 98 Prozent muslimisch ist, weisen die Bewohner voller Stolz auf das brüderliche Miteinander hin. Sunniten leben friedlich mit Schiiten, es gibt einen Hindutempel sowie christliche Kirchen verschiedener Konfessionen. Um fünf Uhr früh ruft der Muezzin, um sechs Uhr läuten die Glocken…
Viele ehemalige Sklaven sind zum muslimischen Glauben der früheren Obrigkeit übergetreten und haben sich für die Kleidung der Muslime entschieden. Sie schämten sich ihrer Vergangenheit und wollten sie so schnell als möglich loswerden. Schon interessant, wo man überall eine Täter-Opfer-Umkehr findet!?!

Der ostafrikanische Sklavenhandel war lange in arabischer Hand, allerdings unter reger Partizipation mächtiger afrikanischer Häuptlinge, die dadurch großen Reichtum und Einfluss erlangten. In Afrika war es schon lange üblich, unterworfene Stämme zu versklaven. Mit den Arabern und dann dem zunehmenden Sklavenbedarf der europäischen Kolonialmächte bekam der Handel ungeahnt große Dimensionen. Der Sklavenmarkt Stonetowns wurde zum größten Ostafrikas.

140 Jahre lang war Sansibar nur eine Überseeprovinz des Oman, ab 1840 verlegte Sultan Said seine Residenz endgültig nach Stonetown. Die Paläste und viele Häuser sind Zeugen dieser Zeit. Neben seinen drei Hauptfrauen zählte Saids Harem über 75 Nebenfrauen, die ihm 47 Kinder schenkten. Eigentlich wenig angesichts der großen Frauenzahl, oder? So viel Zeit hatte er neben seinen politischen Aktivitäten wohl doch nicht.

Die Kinder der Sklavinnen hatten übrigens Rechte gegenüber ihrem Vater, dem Sultan! So wuchs zum Beispiel Salme als Tochter einer als Sklavin verschleppten tscherkessischen Nebenfrau in Luxus auf und erbte nach dem Tod des Sultans ein ansehnliches Vermögen. Als sie mit einem deutschen, christlichen Kaufmann durchbrannte, wurde sie jedoch enteignet. Aber das ist eine eigene Geschichte.

Ich genieße die Stadt mit ihren Touristenläden, den quirligen lokalen Märkten und der Gastronomie, bei der man zwischen billigster Straßenküche und hohem Standard in feinstem Ambiente alles findet. Am Morgen und am Abend schwimme ich eine Runde, manchmal begleitet von Einheimischen. Am frühen Morgen gehört der Strand den Einheimischen. Frauen machen in ihren langen Gewändern Gymnastik, gehen Walken oder tummeln sich gar im Meer. Männer Joggen, Baden, ein paar Schwimmen… Man unterhält sich, lacht miteinander, die Stimmung ist lebendig und unaufgeregt entspannt zugleich. Keine Frage, ich komme wieder!

Text: Sigrid Sadjak

Kirchen und Moscheen liegen in unmittelbarer Nachbarschaft, auch einen Hindutempel gibt es in der Nähe. Manche ehemaligen Paläste werden vor dem Verfall gerettet, aufwändig saniert und meist als Hotels genutzt.

Hoppala! Da fehlt ein Teil! Denkmalpfleger aus der ganzen Welt beteiligen sich, um eine Lösung zu finden. Der Palast der Wunder war das erste Haus mit elektrischem Strom, fließendem Wasser und einem Aufzug. – Der Wiederaufbau soll mit ortsüblichen Materialien erfolgen, also Korallenriffkalk, Mangrovenholz und Kalkfarbe.

Die Metallspitzen dienten in Indien der Elefantenabwehr. Dort wurden Elefanten als Rammböcke zum gewaltsamen Öffnen von Toren verwendet. – Auf Sansibar ist dieses Türelement nur Zierde. Das Kettenornament erinnert an die blutige Zeit des Sklavenhandels.

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